Pflege bei eingeschränkter Alltagskompetenz

Aufstellen einer konkreten und individuellen Pflegeplanung

Für Menschen, die aufgrund einer eingeschränkten Alltagskompetenz besonders intensive Betreuung benötigen, gibt es spezielle Leistungen der Pflegekasse. Unter Alltagskompetenz wird grundsätzlich die Fähigkeit verstanden, die Tätigkeiten des alltäglichen Lebens selbstständig, unabhängig und eigenverantwortlich verrichten zu können. Von eingeschränkter Alltagskompetenz spricht man dann, wenn Menschen aufgrund von Demenz, geistiger Behinderung oder einer psychischen Erkrankung dauerhaft so eingeschränkt sind, dass sie ihren Alltag nicht mehr alleine bewerkstelligen können und außerdem besondere Betreuung und Beaufsichtigung benötigen – unter anderem auch, um Gefahren für sich selbst und andere zu verhindern.

Erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz feststellen

Die Feststellung einer eingeschränkten Alltagskompetenz muss bei der Pflegeversicherung beantragt werden und erfolgt genau wie die Feststellung einer Pflegebedürftigkeit durch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK). Dabei wird bei einem Besuch vor Ort überprüft, ob ein erhöhter Bedarf an Betreuung und Beaufsichtigung besteht. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Betroffene die Wohnung unkontrolliert oder ohne Absprache verlassen möchte, gefährliche Gegenstände unsachgemäß verwendet und damit eine Gefahr für sich und andere darstellt, sich aggressiv verhält und tätlich wird oder die eigenen Bedürfnisse nicht korrekt einschätzen kann. Auch Beeinträchtigungen der Hirnfunktion, ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus sowie labiles und übermäßig emotionales Verhalten können unter anderem als Beurteilungskriterien herangezogen werden. Auf Basis der Einschätzung des Gutachters entscheidet die Pflegekasse über die Feststellung einer eingeschränkten Alltagskompetenz.

Pflegestufe 0

Personen, deren Hilfsbedürftigkeit bei der Grundversorgung und der hauswirtschaftlichen Tätigkeit nicht den Kriterien für eine Pflegebedürftigkeit entspricht, die aber wegen ihrer eingeschränkten Alltagskompetenz erheblichen Betreuungsaufwand haben, werden der so genannten Pflegestufe 0 zugeordnet. Sie haben Anspruch auf Pflegegeld in Höhe von 123 Euro oder den Bezug von Pflegesachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst in Höhe von 231 Euro.

Besondere Leistungen der Pflege bei eingeschränkter Alltagskompetenz

Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz erhalten besondere Leistungen der gesetzlichen Pflegekasse. Je nach Ausprägung handelt es sich hier um 104 Euro bzw. 208 Euro, die monatlich für zusätzliche Betreuungsleistungen gezahlt werden. Diese Leistungen können in den Pflegestufen 0 bis 3 bezogen werden.

Die Höhe der zusätzlichen Betreuungsleistungen bemisst sich nach dem Ergebnis des Gutachtens des MDK. Erfüllt der Betroffene für mindestens sechs Monate mindestens zwei Kriterien aus den relevanten Bereichen, gilt seine Alltagskompetenz als eingeschränkt. Kommen zusätzlich weitere Kriterien dazu, erhält er den erhöhten Betrag für erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz. Eingesetzt werden können die Leistungen sowohl für die Betreuung durch anerkannte Pflegedienste, zur Tagespflege, Verhinderungspflege oder um besondere Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen. Pflegegeld und Pflegesachleistungen können kombiniert werden.

Seit Januar 2015 bestehen außerdem weitere Ansprüche für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz. Sie können neben Entlastungsleistungen auch einen Wohngruppenzuschlag, Verhinderungspflegeleistungen sowie Pflegehilfsmittel und Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung beziehen. Auch Leistungen zur Tages- und Nachtpflege, zur Kurzzeitpflege sowie zur Gründung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft stehen ihnen zu. Weiterhin können sogenannte niederschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote wie etwa Selbsthilfegruppen, Alltagsbegleiter, Haushaltshilfen, der Besuch eines Demenz-Cafés oder Einzelbetreuung zu Hause beansprucht werden. Nicht in Anspruch genommene Leistungen lassen sich in das Folgejahr übertragen.

Im Rahmen des Pflegestärkungsgesetzes wurden diese Verbesserungen und Leistungsanpassungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz eingeführt, um Demenzkranke, geistig Behinderte und psychisch erkrankte Personen zu unterstützen und ihre Betreuung zu vereinfachen. Für Betroffene und deren Angehörige ist es unbedingt empfehlenswert, die zusätzlichen Leistungen bei der Pflegekasse zu beantragen.

Auch ohne festgestellte eingeschränkte Alltagskompetenz haben Pflegebedürftige der Pflegestufen 1 bis 3 seit Januar 2015 Anspruch auf monatlich 104 Euro für zusätzliche Entlastungsleistungen.

Hinweis
¹ Anders als die Begriffe 24 Stunden Pflege oder 24 Stunden Betreuung vermuten lassen, arbeiten unsere Pflegekräfte nicht durchgehend 24 Stunden vor Ort, sondern nach gültigen Arbeitszeitgesetzen mit täglichen Ruhepausen und ausreichenden Ruhe- und Regenerationsphasen. Eine 24-Stunden-Pflege mit durchgehender Präsenz ist dabei nicht ausgeschlossen, erfordert aber den Einsatz von entsprechend mehr Personal.


Der täglich zur Verfügung stehende Stundenumfang der Pflegekraft beinhaltet eine aktive Arbeitszeit und eine Bereitschaftszeit, in der die Pflegekraft vor Ort auf Anforderung zur Verfügung steht. Die Arbeitszeit richtet sich nach den jeweils getroffenen Absprachen und berücksichtigt den persönlichen Rhythmus und den gewohnten Tagesablauf des Kunden. Die aktive Zeit beinhaltet Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlicher Tätigkeiten. Dabei verteilt sich die Arbeitszeit auf die Phasen, in denen der Pflegebedürftige konkrete Unterstützung benötigt oder Aufgaben im Haushalt anfallen. Außerhalb dieser Zeiten befindet sich die Pflegekraft auf Abruf in sogenannter Rufbereitschaft. Während dieser Rufbereitschaftszeit besteht für die Pflegekraft keine Verpflichtung, sich im Haus aufzuhalten. Sie kann aber bei Bedarf telefonisch kontaktiert werden, wenn eine konkrete Unterstützung des Pflegebedürftigen vor Ort erforderlich ist. Die Rufbereitschaft besteht auch während der Nacht. Wobei im Fall eines nächtlichen Einsatzes aufgrund der gesetzlichen Ruhezeiten ein Zeitausgleich am Folgetag erforderlich sein kann.


Die Begriffe „24 Stunden Pflege“ und „24 Stunden Betreuung“ werden umgangssprachlich und branchenüblich genutzt.