Entlastungsbetrag für pflegende Angehörige – Alles Wissenswerte

In Deutschland werden mittlerweile etwa drei Viertel aller Pflegebedürftigen von ihren Angehörigen gepflegt und betreut. Diese verantwortungsvolle Aufgabe kann sowohl physisch als auch psychisch sehr anspruchsvoll sein. Zur Unterstützung dieser Pflegepersonen gibt es den sogenannten Entlastungsbetrag. Dieser Betrag wird von der Pflegeversicherung ausbezahlt und beläuft sich auf 125 Euro im Monat. Er kann für verschiedene Dienstleistungen genutzt werden, beispielsweise für die Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe oder Leistungen zur Betreuung des pflegebedürftigen Menschen.

Toll Betreuung und Pflege informiert Sie darüber, wer Anspruch auf den Entlastungsbetrag hat, wie hoch dieser ausfällt, wofür er verwendet werden kann und wie Sie ihn beantragen.

Definition: Was ist der Entlastungsbetrag?

Der Entlastungsbetrag ist in Paragraf 45b des elften Sozialgesetzbuches (SGB XI) wie folgt definiert: 

„Pflegebedürftige in häuslicher Pflege haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags.“ (§ 45b SGB XI)

Der Entlastungsbetrag steht allen pflegebedürftigen Menschen ab Pflegegrad 1 zu. Die Entlastungsleistungen werden dabei ausschließlich nachträglich ausgezahlt. Diese Auszahlung ist an bestimmte Leistungen gebunden, die entweder zur Entlastung der Pflegeperson oder zur Förderung der Selbstbestimmtheit des Pflegebedürftigen beitragen. Der Entlastungsbetrag wird zusätzlich zu anderen Leistungen der Pflegeversicherung gezahlt.



Wie hoch ist der Entlastungsbetrag?

Unabhängig von der Höhe des Pflegegrads fällt der monatliche Entlastungsbetrag für jeden der fünf Pflegegrade gleich aus:

Pflegegrad Entlastungsbetrag
Pflegegrad 1 125 €
Pflegegrad 2 125 €
Pflegegrad 3 125 €
Pflegegrad 4 125 €
Pflegegrad 5 125 €

 

Gut zu wissen: 

  • Erhöhung des Entlastungsbetrags im Jahr 2025
    Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) von 2023 sieht eine generelle Erhöhung sämtlicher Geld- und Sachleistungen vor. Ab dem 01.01.2025 werden alle Leistungen der Pflegekasse um 4,5 Prozent angehoben. Damit würde der Entlastungsbetrag auf 130,63 Euro steigen.

 

  • Entlastungsbetrag sparen
    Der Entlastungsbetrag von 125 Euro muss nicht zwingend jeden Monat aufgebraucht werden, sondern kann angespart werden. Das bietet sich besonders dann an, wenn absehbar ist, dass Sie in einem Monat mehr Unterstützung benötigen. Der angesparte Betrag kann ins nächste Jahr übertragen und bis Ende Juni des Folgejahres genutzt werden.

Voraussetzungen: Wer hat Anspruch auf den Entlastungsbetrag?

Im Unterschied zu den meisten anderen Leistungen der Pflegekassen, die erst ab Pflegegrad 2 gewährt werden, steht der Entlastungsbetrag bereits Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 zur Verfügung. 

Die einzige weitere Voraussetzung neben dem Vorliegen eines Pflegegrads ist, dass die Pflege zuhause erfolgen muss.

Beachten Sie auch, dass der Entlastungsbetrag zweckgebunden ist und nur für bestimmte Leistungen in Anspruch genommen werden kann.

Für welche Leistungen kann der Entlastungsbetrag verwendet werden?

Der Entlastungsbetrag ermöglicht die Finanzierung verschiedener Leistungen. Diese Leistungen haben das gemeinsame Ziel, Pflegende zu entlasten und Pflegebedürftige bei der Gestaltung ihres Alltags zu unterstützen. Zu den finanzierbaren Leistungen zählen: 

 

Der Entlastungsbetrag für Leistungen von zugelassenen Pflege- oder Betreuungsdiensten

Insofern ein anerkannter Pflegedienst im Rahmen der häuslichen Pflege unterstützt, kann ein Teil der vom Pflegedienst erbrachten Leistungen mithilfe des Entlastungsbetrags finanziert werden. Dabei handelt es sich insbesondere um Betreuungsmaßnahmen und Unterstützung bei der Haushaltsführung, zum Beispiel Hilfe beim Einkaufen. 

Pflegebedürftige mit den Pflegegraden 2 bis 5 dürfen den Entlastungsbetrag ausschließlich für diese Betreuungsleistungen nutzen. Pflegemaßnahmen aus den Bereichen der Körperpflege, Nahrungsaufnahme und Ausscheidung werden über die Pflegesachleistungen abgerechnet, die ab Pflegegrad 2 zur Verfügung stehen.

Personen mit Pflegegrad 1 können den Entlastungsbetrag uneingeschränkt für sämtliche Leistungen der ambulanten Pflege nutzen, da diese keinen Anspruch auf Pflegesachleistungen haben.

Für die Leistungen von Betreuungsdiensten kann der Entlastungsbetrag uneingeschränkt genutzt werden, da diese keine pflegerischen Leistungen anbieten.

 

Der Entlastungsbetrag für Leistungen der Kurzzeitpflege

Pflegebedürftige, bei denen mindestens Pflegegrad 2 vorliegt, haben einen gesetzlichen Anspruch auf das Budget der Kurzzeitpflege (1.774 Euro pro Jahr). Dieses Budget ist allerdings nicht für die Finanzierung des Eigenanteils der Unterkunfts- und Verpflegungskosten vorgesehen. Für diese Kosten kann der Entlastungsbetrag genutzt werden. 

Für Personen mit Pflegegrad 1, die keinen Anspruch auf das Kurzzeitpflegebudget haben, besteht die Möglichkeit, sämtliche Kosten über den Entlastungsbetrag abzurechnen.

Der Entlastungsbetrag für Leistungen der Tages- und Nachtpflege

Die Pflegeversicherungen gewähren allen pflegebedürftigen Menschen mit den Pflegegraden 2 bis 5 ein Budget für die Tages- und Nachtpflege. Dieses Budget deckt jedoch ausschließlich die pflegebedingten Kosten ab, während Unterkunft und Verpflegung von den Pflegebedürftigen selbst finanziert werden muss. Hierfür besteht die Möglichkeit, den Entlastungsbetrag zu nutzen.

 

Der Entlastungsbetrag für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag (nach Landesrecht)

Angebote zur Unterstützung im Alltag verfolgen das Ziel, pflegende Personen zu entlasten und das häusliche Umfeld für pflegebedürftige Personen möglichst lange zu erhalten. Dies wird beispielsweise durch die Förderung sozialer Kontakte und die Unterstützung bei der eigenständigen Bewältigung des Alltags angestrebt. 

Es ist zu beachten, dass nur diejenigen Angebote durch den Entlastungsbetrag finanziert werden können, die gemäß dem Landesrecht des jeweiligen Bundeslandes anerkannt sind. Eine erste Orientierung geben dabei die nachfolgenden drei Kategorien, denen sich die Unterstützungsangebote im Alltag in der Regel zuteilen lassen.

1. Betreuungsangebote für Pflegebedürftige: 

Hierzu zählen vor allem Angebote, die von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unter pflegefachlicher Anleitung übernommen werden, beispielsweise Betreuungsgruppen für demenzerkrankte Menschen.

2. Angebote zur Entlastung von Pflegenden: 

Diese Angebote haben das Ziel, pflegende Angehörige oder vergleichbar nahestehende Pflegepersonen zu entlasten und zu beraten. Ein Beispiel hierfür ist die Unterstützung durch eine qualifizierte Pflegebegleitung.

3. Angebote zur Entlastung im Alltag: 

Hierzu gehören Unterstützungsangebote, die das Ziel verfolgen, Pflegebedürftige bei der Bewältigung der Anforderungen im Alltag oder Haushalt zu unterstützen. 

 

Wichtig:

Die anerkannten Angebote unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland teils erheblich. Informationen zu den entsprechenden Regelungen in Ihrem Bundesland finden Sie auf den Webseiten der Landesregierungen.

Gut zu wissen:

Mithilfe des Pflegenavigators der AOK können Sie ganz einfach durch Eingabe Ihrer Postleitzahl Angebote zur Unterstützung im Alltag in Ihrer Nähe finden, die nach Landesrecht anerkannt sind und mit den Pflegekassen abrechnen dürfen. 
 

Wie wird der Entlastungsbetrag beantragt und abgerechnet?

Alle Pflegebedürftige, die einen Pflegegrad haben und zu Hause versorgt werden, haben Anspruch auf den Entlastungsbetrag. Einen gesonderten Antrag müssen Sie hierfür nicht stellen, denn der Entlastungsbetrag ist eine Form der Kostenrückerstattung. Das bedeutet, Sie bezahlen die in Anspruch genommenen Leistungen zunächst aus privater Tasche und die Pflegekasse erstattet Ihnen im Nachgang die tatsächlich angefallenen Kosten.

Es ist erforderlich, dass Sie Ihre Ausgaben belegen können und alle Rechnungen und Quittungen bei Ihrer Pflegeversicherung einreichen. Nur so erhalten Sie den Entlastungsbetrag rückwirkend ausbezahlt. Dabei ist es wichtig, klar darzulegen, um welche Art von erbrachter Leistung es sich gehandelt hat. Beachten Sie auch, dass diese nach Landesrecht anerkannt sein müssen. 

 

Die Abtretungserklärung für den Entlastungsbetrag

Mit der sogenannten Abtretungserklärung ist es möglich, den Entlastungsbetrag in Anspruch zu nehmen, ohne mühsam alle Belege sammeln und in Vorleistung gehen zu müssen. 

Leistungsanbieter wie beispielsweise Pflegedienste haben die Option, den Entlastungsbetrag direkt mit den Pflegekassen abzurechnen. Hierzu ist Ihrerseits das Unterzeichnen einer Abtretungserklärung notwendig. Durch diese Erklärung versichern Sie gegenüber der Pflegekasse, dass Sie Ihren Anspruch an den Leistungsanbieter abtreten und dieser direkt über Ihren Entlastungsbetrag abrechnen darf. Auf diese Weise erhält der Leistungserbringer das Geld von der Pflegekasse und Sie haben keinen weiteren Aufwand. 

Vorgefertigte Formulare zum Einreichen bei Ihrer Pflegekasse finden Sie im Internet.

Der Umwandlungsanspruch: Wie stocke ich den Entlastungsbetrag auf?

Jede Pflegesituation ist individuell und dementsprechend benötigen Pflegebedürftige auch unterschiedlich viel Hilfe in verschiedenen Bereichen. Für den Fall, dass besonders viele Angebote zur Unterstützung im Alltag genutzt werden, sind die monatlichen 125€ des Entlastungsbetrags schnell ausgeschöpft. Abhilfe kann hier der Umwandlungsanspruch schaffen.

Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2, welche einen Anspruch auf Pflegesachleistungen haben, können monatlich 40 Prozent der Pflegesachleistungen umwandeln und für Entlastungsleistungen nutzen:

 

Pflegegrad monatliche Pflegesachleistungen Maximale Umwandlung pro Monat für Entlastungsleistungen (40%)
Pflegegrad 1
Pflegegrad 2 761 Euro 304,40 Euro
Pflegegrad 3 1.432 Euro 572,80 Euro
Pflegegrad 4 1.778 Euro 711,20 Euro
Pflegegrad 5 2.200 Euro 880,00 Euro

 

Wichtig: 

Anders als der Entlastungsbetrag können umgewandelte Sachleistungen nicht angespart werden und auch ausschließlich für anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag verwendet werden.

Wie beantrage ich die Umwandlung von Pflegesachleistungen?

Ein gesonderter Antrag auf die Umwandlung von Pflegesachleistungen ist nicht erforderlich. Wenn Sie eine Kostenerstattung für Angebote zur Unterstützung im Alltag beantragen, prüft die Pflegekasse im entsprechenden Monat automatisch, ob Sie Ihren Anspruch auf Pflegesachleistungen voll ausgeschöpft haben oder nicht. Für den Fall, dass Sie diese nicht ausgeschöpft haben, werden die Pflegesachleistungen automatisch umgewandelt und mit den in Anspruch genommenen Entlastungsleistungen verrechnet. 

 

Beispiel: 

Frau Mustermann besitzt Pflegegrad 3. Damit stehen ihr monatlich Pflegesachleistungen in Höhe von 1.432 Euro zu. Für einen ambulanten Pflegediensts, deren Leistungen sie regelmäßig in Anspruch nimmt, werden monatlich lediglich 1.150 Euro der Pflegesachleistungen verwendet. Den Restbetrag über 282 Euro kann Frau Mustermann umwandeln und für Angebote zur Unterstützung im Alltag verwenden. Einen Antrag zur Umwandlung muss sie nicht stellen. Allerdings muss sie die Kostenerstattung der Angebote zur Unterstützung im Alltag beantragen, indem sie die gesammelten Belege bei ihrer Pflegekasse einreicht.

Checkliste: Alles Wichtige zusammengefasst

  • Der Entlastungsbetrag dient dazu, Pflegende zu entlasten und Pflegebedürftige bei der Gestaltung ihres Alltags zu unterstützen
  • Der Entlastungsbetrag steht allen pflegebedürftigen Menschen ab Pflegegrad 1 zur Verfügung, insofern die Pflege zu Hause stattfindet.
  • Unabhängig von der Höhe des Pflegegrads beträgt der Entlastungsbetrag monatlich immer 125 Euro. Dieser Betrag muss nicht zwingend jeden Monat aufgebraucht werden, sondern kann angespart werden.
  • Der Entlastungsbetrag ist zweckgebunden und kann nur für bestimmte Leistungen in Anspruch genommen werden: 
    • Erbrachte Leistungen von zugelassenen Pflegediensten oder zugelassenen Betreuungsdiensten nach § 36 SGB XI
    • Leistungen der Kurzzeitpflege
    • Leistungen der Tages- und Nachtpflege
    • Anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag (nach Landesrecht)
  • Der Entlastungsbetrag ist eine Form der Kostenrückerstattung, das bedeutet, Sie gehen in Vorleistung und weisen angefallene Kosten bei ihrer Pflegekasse durch Belege und Quittungen nach.
  • Mit einer Abtretungserklärung ist es möglich, dass in Anspruch genommene Dienstleister (z.B. Pflegedienste) direkt mit der Pflegekasse abrechnen
  • Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 können monatlich 40 Prozent der ihnen zustehenden Pflegesachleistungen umwandeln und damit den Entlastungsbetrag aufstocken.